Bewährungswiderruf auch bei Straftaten im Ausland möglich

Wer die Verbüßung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt bekommt, ist in aller Regel nicht gezwungen, die Bewährungszeit im Inland zu verbringen. Er muss sich nur an seine Bewährungsauflagen halten, das heißt zuallererst: Keine Straftaten mehr begehen. Wer aber im Rahmen eines Auslandsaufenthalts straffällig und verurteilt wird, muss unter Umständen mit einem Widerruf der Bewährung gem. § 56f StGB in Deutschland rechnen. Das ergibt sich aus OLG Braunschweig 26.02.2016 – 1 Ws 5/16 . Im dortigen Fall war der Verurteilte in Deutschland wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Nach einem Jahr Bewährungszeit hatte er in Ecuador eine Tat begangen, die nach dem dortigen Gesetz über Suchtstoffe und psychotrope Substanzen strafbar war. Er wurde deswegen zu der beeindruckenden Freiheitsstrafe von 16 Jahren verurteilt, die später aufgrund einer Reform auf 13 Jahre reduziert wurde. Das OLG legte diese Verurteilung seiner Widerrufsentscheidung aus folgenden Erwägungen zugrunde:

  • Auch Auslandstaten können Anlass zum Widerruf geben, weil auch sie die bei der Strafaussetzung zur Bewährung angenommene günstige Legalprognose zu erschüttern vermögen (vgl. auch OLG Köln MDR 1972, 437, 438; KG NStZ 2015, 165).
  • Das OLG ging angesichts des (in Übersetzung vorliegenden Urteils) von einer schuldhaften Tatbegehung des Verurteilten in Ecuador aus. Dabei sind deutsche Gerichte nicht an die Entscheidung eines ausländischen Gerichts gebunden. Ausgehend von der Überlegung, dass jedenfalls eine (in- wie auch ausländische) Verurteilung, der eine Hauptverhandlung mit Beweisaufnahme in einem rechtsstaatlichen Verfahren vorangegangen ist, dem Widerrufsgericht jedenfalls in der Regel eine ausreichend hohe Verlässlichkeit des Wahrheitsgehalts des zugrunde liegenden Sachverhalts vermitteln kann, darf die Widerrufsentscheidung auch hierauf gestützt werden, wenn nicht gewisse Ausschlusskriterien gegeben sind. Als solche nennt das OLG: Verstoß gegen Rechte des Angeklagten aus der EMRK (dort insbesondere Art.6); Urteilsgründe tragen den Schuldspruch nicht; Unschuld des Verurteilten ist dem Gericht aufgrund anderer Umstände bekannt; Gericht teilt die Rechtsauffassung des verurteilenden Gerichts nicht.

Daher: Ein (auch dauerhafter) Aufenthalt im Ausland ist kein Freibrief während einer laufenden Bewährungszeit in Deutschland. Es gibt mehr und mehr Staaten, mit denen Auslieferungsabkommen auch zur Strafvollstreckung bestehen. Und die Vollstreckungsverjährung ist eine in aller Regel recht lange Zeit, in die im Übrigen Zeiten des Aufenthalts in einer staatlichen Einrichtung, etwa des Strafvollzuges, nicht eingerechnet werden!

 

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